Was bleibt von den Einnahmen als Gewinn?
07.07.2020 08:42 Uhr | Finanzen
Was bedeutet eigentlich „Praxisgewinn“
Nachdem wir uns in den vergangenen Folgen mit den Blöcken „Leistungserbringung / Einnahmen“ und „Kosten / Praxisausgaben“ beschäftigt haben, wollen wir heute verstehen, was genau „Gewinn“ bedeutet. Zunächst einmal muss man festhalten, dass dieser Begriff viele Synonyme hat. So sprechen wir im Zusammenhang mit Praxen wahlweise vom "Praxisgewinn", dem "Praxisergebnis" oder auch dem "Praxisüberschuss" – gemeint ist hier jeweils das Gleiche. In der BWA der Zahnarztpraxis steht der Begriff „vorläufiges betriebswirtschaftliches Ergebnis“ oder auch „steuerlicher Jahresüberschuss“ findet Verwendung. Das Ergebnis einer freiberuflichen Zahnarztpraxis wird meist als sogenannte 4/3-Rechnung ermittelt. Also der Ermittlung des Überschusses der Praxiseinnahmen über die Ausgaben (Einnahmen-Überschuss-Rechnung, kurz "EÜR"). Genau beschrieben ist diese einfache Art der steuerlichen Gewinnermittlung im §4 Abs 3 des Einkommensteuergesetzes, was die vorgenannte Bezeichnung erklärt.
Für GmbHs, die aufgrund steuergesetzlicher Regelungen eine Bilanz erstellen müssen, ist die Gewinnermittlung nach der EÜR nicht möglich, sondern Leistungen und Kosten müssen zum Zeitpunkt der Erbringung bzw. Entstehung bereits steuerrelevant gebucht werden. Damit werden sie auch zu diesem frühen Zeitpunkt bereits steuerlich wirksam.
Wie hoch ist ein guter Praxisgewinn?
Zunächst fällt auf, dass es nur sehr wenige Praxen gibt, die einen Ausgabenüberschuss aufweisen, also das Wirtschaftsjahr mit einem Verlust abschließen. Ein Verlust entsteht eigentlich bei Zahnarztpraxen nur in Ausnahmephasen wie z.B. nach der Gründung oder in der Expansion sowie in schweren Krisen. In Zahnarztpraxen ist ein Gewinn daher die Regel. Nur die Höhe ist unterschiedlich und bietet Anlass zur Analyse.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass von dem in der BWA gezeigten Gewinn nach EÜR noch Einkommensteuern und Kredittilgungen zu zahlen sind, bevor hoffentlich noch ein angebrachter Inhaberlohn übrig bleibt.
Bei den häufig in Form einer GmbH gegründeten ZMVZ sind im ausgewiesenen Ergebnis immer schon alle Personalkosten berücksichtigt, einschließlich der in diesem Fall angestellten ärztlichen Leiter und Geschäftsführer. Die leitenden Zahnärztinnen und Zahnärzte haben ihren Lohn folglich schon erhalten und im Rahmen der Lohnsteuer auch schon versteuert. Ebenso erfolgt die Tilgung der Praxiskredite in diesem Fall aus dem Cash Flow / Liquiditätsfluss der MVZ.
Ein einfacher Vergleich des Gewinns kann also zwischen den unterschiedlichen Praxisformen nicht ohne weiteres erfolgen, sondern nur nach zusätzlicher Interpretation und Anpassung. Wir vergleichen im Folgenden daher Kennzahlen einer Praxis, die auf Basis der EÜR ermittelt und vor Auszahlung eines Inhaberlohns errechnet sind.
Errechnung der Rentabilität
Um den Gewinn anhand der Kennzahlen benchmarken zu können, bietet sich im ersten Schritt die Betrachtung der Praxisrentabilität an. Hierzu ziehen wir zunächst vom Gesamtumsatz das Fremdlabor ab, da es sich hierbei um einen durchlaufenden Posten handelt. Wir bekommen damit ein Maß für die eigentliche Praxisleistung. Danach stellen wir die Gesamtkosten der Praxis (ebenfalls ohne die Fremdlaborkosten) ins Verhältnis zur Praxisleistung. Die daraus resultierende Kennziffer nennt man Rentabilität. Sie beläuft sich im Durchschnitt der Praxen auf ca. 35% bis 40%, was einem Gewinn von ca. 144.000 € im Median der Praxen entspricht. Dabei sind große Abweichungen möglich – 13,3% der Zahnarztpraxen verdienen über 250.000 € und damit mehr als das doppelte des Medians. Es ist dabei auffällig, dass BAGs im Schnitt höhere Gewinne je Inhaber erzielen als Einzelpraxen.
Externe Benchmarks bedürfen immer einer Analyse hinsichtlich der Praxisstruktur. Beispielsweise wird eine BAG mit 2 oder 3 Inhabern meist profitabler sein als eine Einzelpraxis, da sich Effizienzgewinne vor allem in den Fixkosten (Räume, Geräte, Wartung, IT und Teile der sonstigen Kosten) positiv auswirken. Wir beobachten einen Unterschied in der Rentabilität zwischen BAGs und Einzelpraxen von durchschnittlich 5%.
Wie verteilt man Gewinn gerecht?
In diesem Zusammenhang taucht auch die Frage auf, wie der Praxisgewinn denn fair zwischen den Inhabern einer BAG zu verteilen ist. Selbst wenn die Partner mit gleichen Kapitalanteilen an der Praxis beteiligt sind wird sich eine unterschiedliche Erwartungshaltung ergeben, da sich die Leistungserbringung zwischen den Inhabern in der Regel unterscheidet. Das sollte in einem dynamischen, differenzierten Gewinnverteilungsmodell Berücksichtigung finden.
Die Problematik wird sich auch sicher in einer Gemeinschaftspraxis von zwei Ärztinnen, vielleicht in der Gründungsphase, anders darstellen als in einer BAG mit 5 Inhaber. Im Laufe des Bestehens der Praxen kann es aus Gründen der jeweiligen Lebenssituation und gesundheitlichen Entwicklungen zu Schwankungen in der Leistungserbringung kommen, welche bei der Gewinnverteilung nicht zu Ungerechtigkeiten führen dürfen.
Was ist besser – hohe Rentabilität oder hoher Gewinn?
Beide Kennzahlen alleine sind nicht ausreichend in ihrer Aussage für die Beurteilung einer Praxis. Die hohe Rentabilität nutzt nichts, wenn der Gewinn zu niedrig ausfällt, um eine angemessene und gesicherte Lebenshaltung zu garantieren. Allerdings lässt die Rentabilitätskennziffer Rückschlüsse auf das Optimierungs- bzw. Entwicklungspotenzial einer Praxis zu.
Dabei müssen unternehmerisches Gewinnstreben und gelebte Praxiswerte sich ergänzen, um den Erfolg der Praxis langfristig zu gewährleisten. Auch die Vorgaben und Einschränkungen der Preisgestaltung für medizinische Berufe limitieren die Entwicklungsoptionen im Umsatz. Dies ist ein besonderes Merkmal von Arzt- und Zahnarztpraxen und unterscheidet sie von gewerblichen Unternehmen.
Wie viel Gewinn brauche ich?
Der notwendige Gewinn wird letztlich durch den Bedarf des Inhabers definiert. Lebensmodelle und private Verhältnisse generieren einen bestimmten Geldbedarf und dieser muss im Zusammenhang mit dem generierten Gewinn bzw. der Liquidität betrachtet werden.
Reicht der erwirtschaftete Gewinn aus, um alle privaten Kosten zu decken und adäquate Vorsorge für Alter und Krankheit zu treffen, dann kann auch die Praxis mit niedrigen Benchmarks ihren Inhaber zufriedenstellen.
Die Praxis mit guter Rentabilität, aber zu niedrigem Gewinn, muss unbedingt entwickelt werden, um dauerhaft eine ausreichende Lebensgrundlage für den oder die Inhaber zu bieten.
Wenn wir weiter oben festgestellt haben, dass der Median des Gewinns je Inhaber bei 144.000 € liegt, dass also die Hälfte aller Inhaber weniger als diesen Betrag erwirtschaften, so muss an dieser Stelle aber auch einmal die Aufrechnung aller persönlich eingebrachten Leistungen erlaubt sein. Die Zahnärztin / der Zahnarzt hat ein langjähriges Studium absolviert, hohe Investitionen in die Praxis getätigt und steht jetzt mit unternehmerischem Risiko und der gesamten Arbeitskraft täglich in der Praxis, um die ärztliche Leistung zu erbringen.
Bekanntlich gehen mit der Steuer auf das Einkommen und den Aufwendungen für Zukunftsvorsorge und Tilgung noch mehr als die Hälfte des steuerlichen Jahresüberschusses ab, bevor die frei zur Verfügung stehende Summe ermittelt ist.
Es ist also auf alle Fälle auch moralisch zulässig, als Mediziner den Gewinn optimieren und steigern zu wollen, um auch zukünftig Leistungen für die Patienten bestmöglich erbringen zu können. Auch die Zahnarztpraxis sieht sich einer stetigen Kostensteigerung gegenübergestellt, was eine Steigerung der Profitabilität erfordert.
Lebenszyklus und Profitabilität
Der Lebenszyklus einer Praxis und ihrer InhaberInnen generiert wechselnde Profitabilität in den Praxen. Dies ist nachvollziehbar, wenn man den Kapitalbedarf bei Praxisgründung und in den jungen Familienjahren mit dem der reiferen Inhaber jenseits der Lebensmitte vergleicht.
Der Lebenszyklus in der Profitabilität ist planbar. Wenn ein Inhaber oder eine Inhaberin im fortgeschrittenen Alter seine Leistungserbringung reduzieren möchte, so wird dies die Rentabilität beeinflussen. Hat man für die Altersvorsorge aber den Verkauf der Praxis zu einem bestimmten Zeitpunkt geplant, dann sollte man diesen Punkt abwägen. Ein potentieller Käufer weiß nicht, ob er die Profitabilität der Praxis kurzfristig wieder steigern kann.
Auch ist unbedingt zu beachten, dass nach einem wenn auch relativ langen, so doch endlichen Zeitraum die Abschreibungen auslaufen und dann bei unveränderter Umsatzsituation plötzlich erheblich höhere Steuerzahlungen fällig werden können.
Fazit
Und so bleibt am Ende dieses Artikels die Erkenntnis, dass Gewinn und Rentabilität immer gemeinsam betrachtet werden müssen und die Benchmarks der Zahnarztpraxis zwar auch im externen Vergleich betrachtet werden dürfen, letztlich aber das Ergebnis zur Praxis und zum Inhaber passen muss. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie bei diesen wichtigen Betrachtungen und Fragestellungen unterstützt können.
In wie weit der Gewinn und die Liquidität im Zusammenhang stehen – das ist eine der Fragen welche in der nächsten Folge unserer Reihe gelöst werden soll.