Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung in der Zahnarztpraxis: Neue Bestimmungen bei Corona-Quarantäne
02.02.2022 10:22 Uhr | Personal
Das Telefon steht nicht still, der Terminkalender ist voll und im Wartezimmer stapeln sich die Patienten. In solchen Phasen können die Mitarbeiter einer Zahnarztpraxis eher keinen Urlaub nehmen. Im arbeitsreichen Praxis-Alltag kann es daher schnell passieren, dass der eine oder andere Angestellte seine Urlaubstage immer weiter verschiebt. Und irgendwann sind die Urlaubstage sang- und klanglos verfallen. Das darf so nicht mehr sein! Es gibt neue Bestimmungen, die eingehalten werden müssen und zu Problemen führen können, wenn man sie als Praxisinhaber ignoriert. Was Sie als Arbeitgeber über den Verfall von Urlaub in der Zahnarztpraxis, Gewährung von Urlaubstagen und Lohnfortzahlung während einer Corona-Quarantäne wissen sollten, erfahren Sie hier.
Die Rechtslage zum Verfall von Urlaub
Generell gilt: Urlaubsansprüche dürfen nicht ohne Weiteres verfallen, auch wenn der Arbeitnehmer es versäumt hat, Urlaub zu beantragen. Der Arbeitgeber ist dafür verantwortlich, die Mitarbeiter zur Beantragung von Urlaub aufzufordern, diesen zu gewähren und das auch nachzuweisen – so der Europäische Gerichtshof (Aktenzeichen C-619/16 und C-684/16).
Das heißt konkret: Der Inhaber einer Zahnarztpraxis muss seine Mitarbeiter förmlich auffordern, den vertraglich festgelegten Urlaub zu nehmen. Außerdem ist er verpflichtet, die Mitarbeiter rechtzeitig und eindeutig zu informieren, dass der anstehende Urlaub verfällt, sofern ihn jemand nicht bis zum angegebenen Verfallsdatum beansprucht. Nur wenn diese Aufforderung nachgewiesen werden kann, verfällt der Urlaub bei Nichtinanspruchnahme. Unter diesen Bedingungen erlischt nicht nur der Urlaubsanspruch, sondern auch die Ausgleichszahlungen.
Gut zu wissen: Der Urlaubsanspruch verfällt nicht mit dem Tod eines Mitarbeiters. In diesem Fall haben die Erben Recht auf eine finanzielle Ausgleichszahlung.
Rückgewähr von Urlaubstagen, wenn sich ein Mitarbeiter in Quarantäne befindet
Es gibt noch keine konkrete Rechtslage, die den Umgang mit Urlaubsanspruch von Mitarbeitern beschreibt, die sich aufgrund des Kontaktes mit einer Covid19-infizierten Person in häuslicher Isolation befindet. Bisher haben einige Arbeitsgerichte entschieden, dass Arbeitgeber den Urlaub, der aufgrund der Quarantäne quasi ausfällt, dem Mitarbeiter nicht nachgewährt werden muss (Beispiel: Arbeitsgericht Bonn 2 Ca 504/21). Schließlich ist der Mitarbeiter in dieser Zeit nicht automatisch arbeitsunfähig. Wie dazu das Bundesarbeitsgericht den Grundsatz aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz letztendlich in einem Urteil umsetzt, ist aber noch offen.
Anders verhält es sich, wenn der Mitarbeiter in der Quarantänezeit tatsächlich an Covid-19 erkrankt ist, und dies auch mit einem ärztlichen Attest zur Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bestätigt. In diesem Fall hätte derjenige nach § 9 BUrlG Anspruch auf Rückerstattung der Urlaubstage.
Kurz: Wenn der Mitarbeiter für die Quarantänezeit ein ärztliches Zeugnis vorlegt, darf ihm für diesen Zeitraum kein Urlaubstag berechnet werden.
Lohnfortzahlung während der Corona-Quarantäne
Wer in einem Hochrisikogebiet oder einem Virusvariantengebiet Urlaub gemacht hat und anschließend unter Quarantäne steht, darf seinen Arbeitsplatz – sprich die Zahnarztpraxis - nicht betreten. Grundsätzlich ist der Praxisinhaber in diesem Fall nicht zur Lohnzahlung verpflichtet. Für den Mitarbeiter besteht aber ein Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG (§ 56 Abs. 1 Satz 1 bis 3).
Arbeitet ein Mitarbeiter aber während der Quarantänezeit ordnungsgemäß im Homeoffice muss der Lohn weiter ausgezahlt werden.
Gut zu wissen: Seit November 2021 haben ungeimpfte Mitarbeiter in Quarantäne keinen Anspruch mehr auf Lohnfortzahlung, da bis zu diesem Zeitpunkt jeder ein Impfangebot hätte wahrnehmen können. Auch für geimpfte, aber nicht geboosterte Mitarbeiter erhält der Arbeitgeber keine Quarantäne-Erstattung mehr von der Krankenkasse, wenn die 2. Impfung länger als drei Monate her ist.
Lohnfortzahlung, wenn der Mitarbeiter an Covid-19 erkrankt ist
Generell müssen Mitarbeiter einer Zahnarztpraxis weiterbezahlt werden, wenn sie ohne eigenes Verschulden nicht zur Arbeit erscheinen können (§ 616 BGB). Strittig ist, ob diese Regelung auch für die Mitarbeiter gilt, die nach einem Urlaub in einem Risikogebiet in Quarantäne müssen. Grundsätzlich gilt eine Reise in ein Risikogebiet nicht als Verstoß. Wenn sich der Mitarbeiter während dieses Urlaubes an die empfohlenen Verhaltensregeln zur Minimierung des Infektionsrisikos eingehalten hat und dennoch erkrankt ist, muss der Lohn weiterhin ausgezahlt werden. Dies kann je nach Einzelfall, Arbeitsvertrag und Tätigkeit anders bewertet werden.
Als Erstkontakt einer an Corona erkrankten Person dürfen geboosterte Mitarbeiter mit negativen Schnelltest weiterarbeiten und müssen nicht in Quarantäne.
Hat sich ein Mitarbeiter selbst mit dem Covid-19-Virus infiziert, muss er das je nach Arbeitsvertrag innerhalb von maximal 3 Tagen melden und ein ärztliches Attest vorlegen. Erst dann gilt er aufgrund der Erkrankung als arbeitsunfähig. Eine einfache Quarantänebescheinigung reicht nicht aus!
Liegt ein ärztliches Attest vor, muss der Lohn bis zu sechs Wochen gezahlt werden, auch wenn er sich in Quarantäne befindet. Erkrankt der Mitarbeiter während seiner Quarantäne an Covid-19, ist die Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz vorrangig und verlängert sich um die Krankheitsdauer.