SLIC - Umsatzrückgang durch die Corona-Pandemie: Wie hart sind Zahnarztpraxen von der aktuellen Situation betroffen?

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SLIC - Umsatzrückgang durch die Corona-Pandemie: Wie hart sind Zahnarztpraxen von der aktuellen Situation betroffen?

Aktuelle Situation

Die COVID-19-Pandemie hat in Deutschland seit den ersten bestätigten Fällen am 27. Januar 2020 zu Einschränkungen im Privat- und Wirtschaftsleben geführt. Waren die Maßnahmen anfangs noch stark regional auf Teile Bayerns oder den Kreis Heinsberg beschränkt, so kam es spätestens mit der Rede der Bundeskanzlerin am 12. März zu einer erheblichen Verschärfung und Ausweitung der Maßnahmen. In ihrer Ansprache rief die Kanzlerin alle Bürger dazu auf, Sozialkontakte zu vermeiden oder auf ein Minimum zu reduzieren. Am 22. März einigten sich Bund und Länder dann schließlich auf ein „umfassendes Kontaktverbot“.

Auswirkungen der Pandemie auf die Zahnärzteschaft

Um die Ausbreitung des Virus auch in Zahnarztpraxen einzudämmen, wurden ferner durch das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) Empfehlungen für die Behandlung von Patienten während der Coronavirus-Pandemie erarbeitet. Die Empfehlungen enthalten eine Übersicht von Standardvorgehensweisen nach denen empfohlen wird, die Behandlung von Patienten mit Symptomen einer akuten respiratorischen Erkrankung auf die Zeit nach Ende der Erkrankung zu verschieben, sofern es sich nicht um Notfälle handelt. Für alle anderen Falle ist zu prüfen und gemeinsam mit dem Patienten zu entscheiden, ob eine Behandlung unter den vorherrschenden Gegebenheiten wirklich erforderlich ist oder zunächst aufgeschoben werden kann. Hierbei ist auch das individuelle Risiko des Patienten (z.B. hohes Alter, Lungenerkrankungen, Diabetiker, Krebspatienten, immun-supprimierte Patienten und Ähnliches) zu betrachten. Routineuntersuchungen, Zahnreinigungstermine oder aufschiebbare Behandlungen sollten bis auf Weiteres entfallen.

In Baden-Württemberg ist in der Zwischenzeit sogar eine Rechtsverordnung der Landesregierung in Kraft getreten, nach der zahnärztliche Behandlungen (Oralchirurgie, Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Kieferorthopädie) überhaupt nur noch bei akuten Erkrankungen oder im Notfall zulässig sind.

Neben diesen Einschränkungen kommt es ferner zu einem Nachfragerückgang seitens der Patienten. Viele Patienten sind durch die aktuelle Situation verunsichert und verschieben folglich Ihre Termine, insbesondere wenn sie keine Akuten Schmerzen haben und es sich gar nur Kontrolltermine oder Zahnreinigung handelt.

Im Ergebnis ist bereits jetzt abzusehen, dass es in allen Zahnarzt- , KFO- und MKG-Praxen zu erheblichen Umsatzrückgängen kommen wird. Eine Reihe von Hilfspaketen und Maßnahmen für Unternehmen und Angehörige der Freien Berufe wurde bereits im März verabschiedet (z.B. Kurzarbeitergeld, Soforthilfe für kleine Unternehmen, Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau, KfW-Schnellkredit für den Mittelstand, teilweise Stundung von Steuern und Sozialabgaben). 

Mit dem COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz unterstütze der Gesetzgeber ferner auch Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Vertragsärzte, Psychotherapeuten und Pflegeeinrichtungen wirtschaftlich. Er hatte jedoch leider zunächst versäumt auch den Zahnarztpraxen eine Kompensation der Umsatzeinbußen zuzusichern. Dies verwundete insofern, da die die Zahnärztinnen und Zahnärzte von nie dagewesenen Einnahmenausfällen betroffen sind. Ferner leiden Zahnarztpraxen aufgrund der recht hohen Personal- und Kapitalintensität im Vergleich zu anderen Fachgruppen besonders unter der nun sinkenden Auslastung. In der Zwischenzeit hat sich über das Osterwochenende aber angedeutet, dass der Gesetzgeber nachbessern und auch für Zahnarztpraxen einen Schutzschirm aufspannen will.

Unabhängig von diesen Soforthilfen und Schutzschirmen ist es jedoch unabdingbar, dass jede Praxis individuell prüft wie stark sie betroffen ist und welche Maßnahmen sie einleiten kann, um die wirtschaftlichen Folgen einzudämmen. Neben der Analyse der Kosten ist hier vor allem auch relevant, wie stark der Umsatzeinbruch der jeweiligen Praxis tatsächlich ist.

Umsatzrückgang bei Zahnarztpraxen durch die Coronavirus-Pandemie

Bisher kann niemand genau sagen, wie hoch die tatsächlichen Umsatzausfälle der Zahnarztpraxen in Deutschland in der Realität sind. Um diese Fragestellung besser beurteilen zu können, haben wir die Leistungsdaten einer Reihe von teilnehmenden Praxen auf anonymer Basis ausgewertet. Die Ergebnisse werde nachfolgende vorgestellt und in den kommenden Wochen in weiteren Beiträgen ausführlicher untersucht und aktualisiert.

Entwicklung der Umsätze im Monat März im Vergleich zum Vorjahr

Für die Beantragung der Soforthilfe des Bundes und der Länder ist i.d.R. die Entwicklung des Umsatzes für den Monat der Beantragung heranzuziehen. Wir haben uns daher die Entwicklung der erbrachten Leistungen für den Monat März 2020 angesehen und mit dem gleichen Monat des Vorjahres verglichen. Um die Auswertung vergleichbar zu machen, haben wir beide Zeiträume auf 20 Werktage eingegrenzt (4. bis 29. März 2019, 2. bis 27. März 2020). Wir beobachten hier bei einer Stichprobengröße von 28 einen Rückgang der erbrachten Leistungen von ca. 15-20% (je nach Berechnung). Durch die Betrachtung eines vollen Kalendermonats wird der Effekt jedoch annahmegemäß zu niedrig dargestellt, da viele der Maßnahmen wie auch die Verunsicherung der Bevölkerung erst im Laufe des Monats zunahmen und sich der Umsatzrückgang damit auch erst nach Monatsmitte beschleunigt haben dürfte.

Entwicklung der Umsätze innerhalb des Monats März 2020

Wir untersuchen daher ferner den Umsatzrückgang innerhalb des Monats März, indem wir die Leistungserbringung in der ersten Märzhälfte (2. bis 13. März = 10 Werktage) mit der Leistungserbringung der gleichen Praxen in der zweiten Märzhälfte (16. bis 27. März = 10 Werktage) vergleichen. Hier ergibt sich ein Rückgang von ca. 25-30%.

Entwicklung der Umsätze in der letzten Märzwoche und der ersten Aprilwoche

Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Kontaktverbot der Bundesländer erst am 22. März beschlossen wurde, haben wir ferner die Entwicklung der Umsätze in der letzten Märzwoche (KW13, Woche vom 23. bis zum 29. März) und der ersten Aprilwoche (KW14, Woche vom 30. März bis zum 5. April) analysiert. In KW13 ergab sich dabei ein Rückgang der Leistungserbringung bei den 28 betrachteten Praxen um ca. 40% im Vergleich zum Durchschnitt der Wochen unmittelbar vor dem Ausbruch der Krise (Kalenderwochen 6 bis 11). Dieser Trend schrieb sich in KW14 leider fort und verstärkte sich sogar weiter, konnten wir hier doch einen Rückgang der Leistungserbringung um ca. 40-45% verzeichnen (gleicher Vergleichszeitraum).

Einordnung der Analyse

Für alle oben dargestellten Ergebnisse muss erwähnt werden, dass die untersuchten Praxen eine erhebliche Bandbreit aufzeigten. So reichten die Veränderungen in der Leistungserbringung in der zweiten Märzhälfte z.B. von ca +10% bis -90%. Dies lässt darauf schließen, dass der Leistungsrückgang der Praxen natürlich auch abhängig vom Behandlungsschwerpunkte und der Patientenstruktur ist. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass die untersuchten Praxen bei der Umsetzung der Empfehlungen für die Behandlung von Patienten während der Coronavirus-Pandemie im Einzelfall unterschiedliche Entscheidungen getroffen haben bzw. diese auch durch die jeweiligen Detailempfehlungen der einzelnen KZVen beeinflusst wurden.

Weitere Analyse nach Leistungsart, Leistungserbringer, KZV-Bereich, Kassen- und Privatanteil sowie Altersstruktur der Patienten werden wir nachreichen sobald ausreichend Daten vorliegend. Ebenso beabsichtigen wir die Ergebnisse zu aktualisieren, wenn uns neue Erkenntnisse und aktuellere Daten vorliegen. 

Zusammenfassung der Ergebnisse

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nach aktuellem Wissensstand von einem akuten Rückgang der Leistungserbringung im Bereich von 40-50% auszugehen ist. Zugleich dürfte es den meisten Praxen schwerfallen, einen solchen Rückgang bereits für den Kalendermonat März nachzuweisen. Wir gehen daher aktuell davon aus, dass die große Mehrheit der Praxen für den Monat März noch nicht von den Soforthilfen des Bundesregierung und Landesregierungen profitieren kann. Im Einzelfall kann dies natürlich anders aussehen.