Entwicklung der Honorarumsätze in 2020 - Zahnärzteschaft ist mit einem blauen Auge davon gekommen
28.01.2021 12:00 Uhr | Coronavirus-Pandemie
Wie sich die Umsätze der Zahnarztpraxen im Corona-Jahr 2020 entwickelten und wie es 2021 weiter geht
Mit dem "solvi Leistungsindex in der Coronavirus-Pandemie" (SLIC) analysieren wir anhand von Echtdaten fortlaufend die Entwicklung der Kassen- und Privathonorare niedergelassener Zahnärzte und wie diese durch die Pandemie beeinflusst sind.
Nachdem wir im März und April 2020 einen starken Rückgang der Leistungserbringung in Deutschlands Zahnarztpraxen (-35% bis -45%) beobachten konnten, zeigten unsere Analysen im Jahresverlauf eine deutliche Erhohlung. Im vorliegenden Artikel haben wir die weitere Entwicklung in 2020 analysiert und uns auch angeschaut, wie sich die Umsätze der Praxen in den ersten Wochen des neuen Jahres entwickeln.
"Zusammenfassend lässt sich dabei festhalten, dass Deutschlands Zahnärzteschaft das Jahr 2020 dank gemeinsamer Anstrengung noch halbwegs retten konnte", erklärt Christian Brendel, Geschäftsführer der solvi GmbH. Nach sechs äußerst schwachen Wochen im Frühjahr konnten die Verluste im Sommer und Herbst durch ausgeweitete Öffnungszeiten, weniger Reise- und Urlaubstätigkeit und aktive Patientenkommunikation weitgehend kompensiert werden. "Die Weihnachtszeit war erneut von deutlichen Rückgängen gekennzeichnet, was der freiwilligen Selbstisolation weiter Bevölkerungsteile für ein sicheres Weihnachtsfest geschuldet sein dürfte", führt Brendel weiter aus. "Nach unseren Berechnungen steht unterm Strich auf Jahressicht ein leichter Rückgang der Umsätze von Deutschlands Zahnarztpraxen i.H.v. ca. -1%."
Für 2021 können wir jedoch vorsichtig optimistisch sein. In den ersten Wochen scheint es bereits Nachholeffekte aus der besonders schwachen Weihnachtszeit zu geben. Im 1. Quartal werden die Patientenzahlen zwar vermutlich weiterhin leicht unter Druck stehen, jedoch keinesfalls in einem vergleichbaren Umfang wie 2020. Für den weiteren Jahresverlauf gehen wir von sinkenden Infektions- und Todeszahlen in Folge der zunehmenden Durchimpfung der Bevölkerung aus. Entsprechend erwarten wir auch für Zahnarztpraxen eine graduelle Rückkehr zur Normalität und zu den gewohnten Patientenzahlen. Bei älteren Patientengruppen dürfte es nach erfolgreicher Immunisierung gar zu weiteren Nachholeffekten aus 2021 kommen.
Entwicklung der Leistungserbringung im Jahresverlauf 2020
Nach den schwachen Monaten März und April 2020 konnten wir eine fortlaufende Erholung der Honorarumsätze bis weit in den Juli hinein beobachten. Diese Rückkehr der Patienten in die Praxen erfolgte im Gleichschritt mit den Lockerungen der Kontaktbeschränkungen und der dadurch wieder zunehmenden Mobilität der Bevölkerung nach der ersten Welle. Im Ergebnis stiegen die Honorarumsätze der Praxen in dieser Zeit deutlich über die Vorjahreswerte an (teilweise bis zu +25% im Median).
Die traditionellen Rückgänge der Patientenzahlen während der Sommer- und Herbstferien waren auch in 2020 zu beobachten. Die Honorarumsätze blieben jedoch auch in der Ferienzeit (ca. von KW29 bis 36) über den Werten des Jahres 2019. In der Zeit zwischen den Ferien lagen die Honorarumsätze der Praxen im Median deutlich über dem Vorjahresniveau.
Im Vorfeld der Weihnachtsfeiertage und in der Zeit zwischen den Jahren kam es erneut zu starken Einbrüchen der Leistungserbringung auf 80% des Vorjahresniveaus. Hauptgrund für diese Entwicklung dürften die erheblichen Kontakteinschränkung weiter Teile der Bevölkerung sein, deren Ziel es war durch freiwillige Selbstisolation ein sicheres Weihnachtsfest zu ermöglichen. Auf Jahressicht ergab sich trotz zweiter Welle ein Rückgang der Kassen- und Privathonorare von nur ca. 1% im Vergleich zu 2019. Die Leistung der Zahnärzteschaft in 2020 übertraf damit unsere Erwartungen aus dem Sommer (wir waren damals von ca. -3% bis -5% ausgegangen). Dies bedeutet zugleich, dass der Schutzschirm der Bundesregierung vielfach nicht gegriffen haben sollte. Der Schaden für die Zahnärzteschaft ist jedoch dennoch beträchtlich, da diesen sinkenden Umsätzen teilweise stark gestiegene Kosten (u.a. für Material und Hygiene) entgegen stehen.
Ebenfalls dürfen diese Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass es viele Härtefälle gab und gibt. Besonders betroffen waren etwa Praxen mit überdurchschnittlichem altem Patientenstamm, Praxen in von COVID-19 besonders stark betroffenen Regionen, Praxen in Bürovierteln und vor allem Kombinationen daraus. Besonders kritisch dürfte die Lage natürlich nach wie vor auch für alle neu gegründeten oder kürzlich übernommenen Praxen sowie für all jene sein, die jüngst stark expandierten.
Guter Start ins neue Jahr und vorsichtiger Optimismus für 2021
Die ersten Wochen des neuen Jahres zeigen einen deutlichen Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Diese dürften teilweise durch Nachholeffekte der oben beschriebenen Selbstisolation in der Weihnachstzeit bedingt sein.
Es lässt sich außerdem beobachten, dass die Mobilität der Bevölkerung im neuen Jahr im Rahmen des härteren Lockdowns zwar auf einem niedrigen Niveau verbleibt, insgesamt mit -30% aber deutlich weniger stark zurückgeht als dies mit ca. -60% im Frühjahr 2020 noch der Fall war. Für die Patientenzahlen der Praxen ist der weniger starke Einbruch der Mobilität grundsätzlich eine gute Nachricht. Zusätzlich konnten wir in der zweiten Jahreshälfte 2020 auch beobachten, dass die anfangs hohe Korrelation zwischen Bevölkerungsmobilität und Patientenaufkommen sich zunehmend abschwächt, das Patientenaufkommen als zunehmend weniger stark von der Bevölkerungsmobilität abhängt.
"Zahnarztpraxen haben sich im ganzen Jahresverlauf als sicher herausgestellt und die Kommunikation und Aufklärungskampagnen der Kammern, Verbände und Praxen scheinen zu wirken", hält Christian Brendel folglich fest. "Im Ergebnis gehen wir daher für den Januar und Februar von nur leicht gedämpften Patientenzahlen aus. In den Frühling rein sollten die Patientenzahlen dann im Gleichschritt mit steigenden Temperaturen und Impfquoten weiter ansteigen." Insbesondere bei älteren Patienten (75+) gehen wir für 2021 mit zunehmender Durchimpfung auch von Nachholeffekten aus, da sie im gesamten Jahresverlauf 2020 nie vollständig in die Praxen zurückgekehrt sind.
Das Verhalten der einzelnen Patientengruppen (nach Alter, Versicherungsart), die Entwicklung der Praxisbereiche (Behandlung vs. Prophylaxe) und die Auswirkungen der Praxislage (Stadt vs. Land, lokales Infektionsgeschehen) in 2020 werden wir in den kommenden Tagen ausführlicher analysieren und ebenfalls in unserem Blog behandeln.
Disclaimer
Wir weisen darauf hin, dass es sich bei den vorgelegten Zahlen um eine Analyse eines nicht repräsentativen Praxis-Panels handelt. Die Ergebnisse erheben daher keinen Anspruch auf Repräsentativität. Wir gehen dennoch davon aus, dass die darin zu sehenden Entwicklungen und Größenordnungen wertvolle Anhaltspunkte liefern können und sich im Zeitablauf im wesentlichen bestätigen und weiter verfestigen.
SLIC auf Tagesbasis inkl. Bandbreiten (Quartile) (0.11MB)
SLIC in KW01 und KW02 2021 vs Vorjahr (0.39MB)