SLIC - Entwicklung des "solvi Leistungsindex von Zahnarztpraxen in der Coronavirus-Pandemie" in Kalenderwoche 16 (13. bis 19. April 2020)

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SLIC - Entwicklung des

Wie in unseren vorherigen Beiträgen vom 12. April und 24. April bereits erläutert, beobachten wir in Deutschlands Zahnarztpraxen aktuell dramatische Rückgänge in der Leistungserbringung. Da sich dieser Rückgang nur stark zeitverzögert auf den Praxiskonten bemerkbar macht, steuern viele Praxen unseres Erachtens aktuell auf eine signifikante Liquiditätslücke zu. Dies ist insbesondere deshalb trügerisch, da der erste Schock im Praxisalltag mittlerweile weitgehend verdaut ist und nunmehr eine gewisse Normalität zurückkehrt. Wer als Praxisinhaber aber glaubt das Schlimmste bereits überstanden zu haben, der kann sich gewaltig irren.

Wir halten es daher für äußerst wichtig, die Entwicklung der zahnärztlichen Leistungserbringung im weiteren Jahresverlauf und in das kommende Jahr hinein genau zu beobachten und einzuordnen und haben daher den "solvi Leistungsindex von Zahnarztpraxen in der Coronavirus-Pandemie" (kurz: SLIC) entwickelt. Wie angekündigt stellen wir im Folgenden die Daten des SLIC für Kalenderwoche 16 zur Verfügung.

Entwicklung der Leistungserbringung von Zahnarztpraxen in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

Bisherige Entwicklungen

In unserer bisherigen Berichterstattung hatten wir dargelegt, dass sich als direkte Folge der Pandemie und der eingeleiteten Gegenmaßnahmen bereits ab Kalenderwoche 13 ein Rückgang der erbrachten Leistungen in Deutschlands Zahnarztpraxen von ca. 35-40% beobachten ließ. Dieser Trend hatte sich in Kalenderwoche 14 weiter verfestigt und in Kalenderwoche 15 ließ sich ein weiteres Absinken des Index auf zuletzt 55 Punkte (Rückgang von 45% in der Leistungserbringung im Vergleich zu Ende Februar) beobachten. Bereits damals hatten wir ebenfalls die Befürchtung geäußert, dass es im Jahresverlauf zu massiven Liquiditätsengpässen und einer existenzbedrohenden Lage für viele Zahnarztpraxen kommen wird, sollte sich dieses niedrige Niveau fortschreiben.

Entwicklung der Leistungserbringung in KW16

In der Zwischenzeit steht uns ein ausreichend großes Sample für Kalenderwoche 16 zur Verfügung, um die weitere Entwicklung zu analysieren. Zum Ende der Kalenderwoche 16 stand der SLIC Index nun bei 54 Punkten. Er ist damit nur leicht verändert (-1 Punkt) im Vergleich zur Vorwoche.

Die Schwankungsbreite bleibt dabei sehr groß. Sie reicht zuletzt von 13 Punkten (87% Rückgang der Leistungserbringung im 1. Quartil der teilnehmenden Praxen) bis 66 Punkten (34% Rückgang der Leistungserbringung im 3. Quartil der teilnehmenden Praxen).

Struktur der Leistungserbringung von Zahnarztpraxen in Zeiten der Coronavirus-Pandemie

Um den Rückgang der Leistungserbringung strukturell besser zu verstehen, haben wir die Daten für Kalenderwoche 16 ferner nach Altersgruppe der Patienten sowie nach Behandlertyp (Zahnarzt/Zahnärztin vs. Prophylaxekraft) analysiert.

Entwicklung nach Altersgruppe

Die bisherige Studienlage belegt zweifelsfrei, dass die Sterblichkeitsrate der an COVID-19 Erkrankten mit zunehmenden Alter stark ansteigt. Basierend auf Daten des RKI und dem chinesischen Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention liegt die Sterblichkeitsrate in der Altersgruppe von 0 bis 39 Jahren bei nahezu 0%. Sie steigt in der Altersgruppe ab 40 stetig an und beträgt bei Patienten über 70 Jahre bereits knapp 10%. Basierend auf dieser Beobachtung und den Standardvorgehensweisen für Zahnarztpraxen (SOP) des Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) erfolgt in den Praxen daher eine Risikoabschätzung auch anhand des Patientenalters.

Wir haben daher die Leistungserbringung nach Altersgruppe der Patienten untersucht und dabei ebenfalls ein eindeutiges Bild erhalten. So geht die Leistungserbringung in der Altersgruppe von 0 bis 39 Jahren, entsprechend der relativ niedrigen Gefahr die von COVID-19 für diese Gruppe ausgeht, in KW16 "lediglich" um 30% zurück, während sie bei der Altersgruppe von 40 bis 69 Jahren schon um 48% einbricht. Bei der am stärksten gefährdeten Altersgruppe von 70+ ergibt sich ein Rückgang von knapp 68%. Patienten die älter als 100 Jahre alt sind wurden in unserem Sample in KW16 gar nicht mehr behandelt.

Entwicklung nach Behandlertyp

Nach den SOP und den Richtlinien der BZÄK und KZBV gilt grundsätzlich, dass die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Behandlung die Zahnärztin oder der Zahnarzt abhängig vom individuellen Risiko und der Komplikationsdichte des Eingriffs im konkreten Patientenfall trifft. Bei Risikopatienten sollte die Behandlung nur auf Notfallbehandlung beschränkt werden. Die professionelle Zahnreinigung (PZR) ist keine Notfallbehandlung, kann aber abhängig vom individuellen Risiko des Patienten dennoch eine medizinisch notwendige Maßnahme darstellen und daher regelmäßig bei Patienten durchgeführt werden, die keiner Risikogruppe angehören.

Unabhängig von diesen Erwägungen ist außerdem davon auszugehen, dass auf Patientenseite in den letzten Wochen eine reduzierte Nachfrage nach PZR bestand, während akute Fälle natürlich nach wie vor vorstellig wurden. Um diese Aspekte und Ihre Auswirkung auf die Leistungserbringung besser zu verstehen, haben wir selbige auch nach Behandlertyp analysiert.

Hierbei ergibt sich für Kalenderwoche 16 ein Rückgang der Leistungserbringung durch Zahnärzte und Zahnärztinnen um ca. 38% im Vergleich zum Indexstart Ende Februar (der Index steht für ZÄ-Behandlungen folglich bei 62 Punkten).

Wie (basierend auf den Beobachtungen oben) erwartet fällt der Rückgang der Leistungserbringung bei den Prophylaxekräften deutlich höher aus. Dieser liegt für Kalenderwoche 16 bei -75% (Indexwert für Behandlungen durch Prophylaxekräfte in KW16: 25 Punkte).

Vergleich mit anderen Studien zum Einbruch des Dental-Marktes

Wie auch in den Vorwochen wird die Entwicklung des SLIC durch ähnliche Studien bestätigt. So kommen zum Beispiel das Warenwirtschaftssystem Wawibox und das Marktforschungsunternehmen Exevia bei Betrachtung der Einkaufsdaten von Zahnarztpraxen in KW16 ebenfalls zu einem weiteren leichten Rückgang im Vergleich zur Vorwoche (im Monatsmittel). Obgleich die Erhebung auf Basis von Einkaufsdaten die Entwicklung vermutlich leicht überzeichnet, stellt die ständig aktualisierte Studie der Wawibox doch eine Bestätigung des Gesamttrends dar, den auch der SLIC anzeigt. Zusammen zeichnen sie ein klares Bild der bedrohlichen Lage, in der sich Deutschlands Zahnarztpraxen nach wie vor befinden.

Zusammenfassung der Ergebnisse

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Leistungserbringung in Deutschlands Zahnarztpraxen auch nach Ostern nicht erholt hat. Der Rückgang der Leistungserbringung lag nach wie vor im Bereich von ca. 45%. Besonders stark ging dabei erwartungsgemäß die Leistungserbringung von Prophylaxekräften zurück (-75% in KW16 vs. KW09) Ebenso stark war insgesamt der Rückgang der Leistungserbringung in der besonders gefährdeten Patientengruppe der über 70-Jährigen (-68% in KW16 vs. KW09). Nach aktuellem Wissensstand ist jedoch im Zusammenhang mit den Lockerungen der Ausgangs- und Kontaktverbote ab KW17 mit einer leichten Erholung zu rechnen. Ob diese wie erhofft eintritt und in welchem Umfang, werden wir in weiteren Veröffentlichungen des SLIC in den kommenden Wochen untersuchen.


Über den SLIC - solvi Leistungsindex von Zahnarztpraxen in der Coronavirus-Pandemie

Der SLIC wird basierend auf täglichen Leistungsdaten von teilnehmenden Praxen errechnet. Er bildet die Entwicklung der Leistungserbringung in Deutschlands Praxen ab und veranschaulicht die Veränderung gegenüber dem Vergleichszeitraum Ende Februar auf einfache Weise. Der Index wurde dafür auf den 1. März 2020 mit einem Wert von 100 Punkten indexiert, so dass die Leistungserbringung im weiteren Verlauf anhand des Indexstandes abgelesen werden kann.


Disclaimer

Wir weisen darauf hin, dass es sich bei den vorgelegten Zahlen um eine Analyse eines nicht repräsentativen Praxis-Panels handelt. Die Ergebnisse erheben daher keinen Anspruch auf Repräsentativität. Wir gehen dennoch davon aus, dass die darin zu sehenden Entwicklungen und Größenordnungen wertvolle Anhaltspunkte liefern können und sich im Zeitablauf im wesentlichen bestätigen und weiter verfestigen.


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