Liquiditätssicherung – Konkrete Maßnahmen zur Überbrückung

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Liquiditätssicherung – Konkrete Maßnahmen zur Überbrückung

Liquiditätsengpässe aufgrund der Corona-Pandemie sind für mehr und mehr Zahnarztpraxen aktuell die tägliche Realität. Die Sicherung der Praxisliquidität ist in dieser Zeit die wichtigste unternehmerische Aufgabe, der sich Zahnärzte gegenübergestellt sehen. Um diese für viele Zahnärzte bisher beispiellose Situation zu bewältigen, ist ein kontrolliertes Management und eine gut durchdachte Praxissteuerung erforderlich. Die Situation der einzelnen Praxen ist individuell und sehr unterschiedlich. Deshalb ist es zunächst wichtig, einen genauen Überblick über die persönliche Ist-Situation zu haben. Es gilt also herauszufinden, wie groß der benötigte zusätzliche Liquiditätsbedarf in der eigenen Praxis ist. 

Wer weiß wo er steht, kann sich nun an die Arbeit machen und Maßnahmen ergreifen, die helfen, den Liquiditätsengpass zu überbrücken bzw. den Einbruch möglichst gut abzufangen. Hier stehen Praxisinhabern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Der größte Hebel sind natürlich die Praxiseinnahmen, doch auch eine gezielte Kostenreduktion mindert den wirtschaftlichen Schaden. Zudem bieten Geschäftspartner und die Bundesregierung weitere Möglichkeiten, um den durch die Krise entstehenden Liquiditätsengpass zu überbrücken. 

Umsatzeinbruch minimieren – Schöpfen Sie alle Möglichkeiten aus

Im Hinblick auf die Praxiseinnahmen muss jeder Inhaber für seine Praxis entscheiden, welche Behandlungen aktuell noch mit gutem Gewissen zu erbringen sind und welche nicht. Genauso verhält es sich mit der Patientenfrage. An welchem Patienten aktuell Leistungen vertretbar zu erbringen sind und an welchem nicht, obliegt ebenso der Einschätzung der behandelnden Zahnärzte. Grundsätzlich ist dies natürlich eine persönliche Abwägung, die jeder Inhaber bzw. jeder Zahnarzt für sich vornehmen muss. Darüber hinaus gibt es als Orientierungshilfe auch Empfehlungen bzgl. Standardvorgehensweisen, wie beispielsweise die des IDZ und der KZBV.

Der Rückgang der Leistungserbringung, sei es aufgrund verminderter Patientenzahlen durch abgesagte Termine oder durch die Umstellung auf Notbetrieb, zieht für alle Zahnarztpraxen einen Umsatzrückgang mit sich. Um diesen Umsatzeinbruch so gering wie möglich zu halten, sollten alle möglichen Maßnahmen in Betracht gezogen werden .

Abrechnungsseitig besteht die Möglichkeit, den coronabedingt erhöhten Aufwand zu reflektieren. Umfangreichere Hygienemaßnahmen, das Gewährleisten von Mindestabständen zwischen den Patienten und der erhöhte Bedarf an Schutzkleidung wirken sich auf die Behandlungsdauer und auch den erforderlichen Praxisbedarf aus. Hierzu haben sich beispielsweise die Bundeszahnärztekammer und der Verband privater Krankenversicherungen auf eine Hilfe geeinigt, um die erhöhten Kosten für Schutzkleidung und Hygiene abzufangen bzw. zu erstatten. So können Zahnärzte und Zahnärztinnen für jede Sitzung eine Corona-Hygiene-Pauschale von 14,23 Euro abrechnen.

Bei GKV-Leistungen besteht die Möglichkeit, den erhöhten Aufwand über entsprechende Steigerungsfaktoren in der Abrechnung berücksichtigen zu lassen.

Zahlungsfluss sicherstellen – Optimieren Sie ihr Forderungsmanagement

Wenn die Maßnahmen zur Minimierung des Umsatzeinbruchs greifen, gilt es als nächstes sicherzustellen, dass die Zahlungen aus den gestellten Rechnungen schnellstmöglich eingehen. Wer schon Factoring in Anspruch nimmt, sollte jetzt auf die Factoring Gesellschaft zugehen und klären, ob die Auszahlungsfristen zu verkürzen sind. Dies führt zu einer früheren Zahlung und somit zu einer früheren Liquiditätssteigerung.

Wer selbst abrechnet, muss ein erhöhtes Augenmerk auf schnellen Rechnungsversand haben. Bei GKV-Leistungen haben Zahnärzte natürlich keinen Einfluss, aber zumindest für private Leistungen sollte dieser Hebel genutzt werden. Wichtig ist hier auch eine offene und klare Kommunikation, um an das Verständnis der Patienten zu appellieren. Praktisch ist das aufgrund von Personalmangel ohnehin häufig schon herausfordernd. Es lohnt sich aber darüber nachzudenken, in wie weit Prozesse zu optimieren und zu digitalisieren sind. Jetzt ist sicher ein guter Zeitpunkt, um das Forderungsmanagement zu optimieren und zu vereinfachen.

Kosten prüfen – Praxen sollten ein Kostenscreening durchführen

Neben der Optimierung der Einnahmen und des Zahlungsflusses bleibt noch das Augenmerk auf die Kosten, um die Liquidität zu erhalten oder zu verbessern.

Jede Praxis sollte ein Kostenscreening durchführen, um nicht zwingend erforderliche Ausgaben in der eigenen Praxis zu identifizieren. Aber streichen Sie augenfällige Kostenpositionen nicht sofort. Einige Positionen erscheinen in der jetzigen Situation als unnötig, sollten jedoch trotzdem nicht angepasst werden. Schließlich gibt es auch eine Zeit nach der Krise. Reden Sie mit Ihren Geschäftspartnern über gemeinsame Lösungen.

Variable Kosten regulieren sich als umsatzabhängige Kosten automatisch

In der Betrachtung der Kosten ist zunächst zwischen variablen und fixen Kosten zu unterscheiden. Variable Kosten sind umsatzabhängige Kosten wie z.B. Materialkosten. Diese Kosten passen sich somit der veränderten Situation automatisch an, denn weniger Leistungserbringung erfordert weniger Material und somit entstehen in der Konsequenz weniger Materialkosten. Der Effekt wird sich aufgrund der Vorratshaltung allerdings erst verzögert einstellen. Praxen sollten nun die Bestellung der aktuellen Situation und dem jetzigen Verbrauch anpassen, um hier Kosten zu sparen. Nichtsdestotrotz ist darauf zu achten, dass jederzeit genügend Material vorhanden ist, um die Patienten behandeln zu können.

Ähnlich verhält es sich mit den Abrechnungskosten. Da sich Abrechnungsgebühren an der Leistungserbringung orientieren, werden sie zwangsläufig weniger, wenn der Umsatz sinkt. Ausgenommen sind hier natürlich die Kosten für interne Mitarbeiter in der Abrechnung.

Fixkosten – Gehen Sie mit Ihrem Personal & Ihren Partnern ins Gespräch

Auch im Bereich der Fixkosten zeigt unsere Erfahrung, dass es möglich ist, die monatlichen Kosten kurzfristig zu senken. Der größte Kostenblock sind hier die Personalkosten.

Positiv zu beobachten ist, dass es aktuell eher selten zu Kündigungen kommt. Eine Kündigung ist auch aus unserer Sicht nicht erforderlich, denn die Nachfrage wird zurückkommen und dann wird das Personal wieder dringend gebraucht. Umso wichtiger ist es aus unserer Sicht, gerade in dieser Zeit einen guten Umgang mit dem Team und dem Praxispersonal zu pflegen, denn nur gemeinsam ist diese Situation zu stemmen und nur gemeinsam kann nach der Krise wieder an starken Umsätzen gearbeitet werden.

Um die Personalkosten liquiditätsschonend zu gestalten, können andere Möglichkeiten genutzt werden. So besteht beispielsweise nun die Möglichkeit, die Lohnsteuer-Anmeldung für März 2020 später abzugeben und damit auch die Lohnsteuer später zu zahlen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Beantragung von Kurzarbeit. Voraussetzung ist hier, dass mit dem einzelnen Arbeitnehmer gesprochen wurde. Hier sollte im Gespräch auch darüber aufgeklärt werden, dass die Kurzarbeit für den jeweiligen Mitarbeiter auch eine Absicherung bedeutet, da er in dieser Zeit nicht betriebsbedingt gekündigt werden kann. Wichtig auch: Während der Kurzarbeit sind Überstunden und Mehrarbeit nicht möglich.

Die mit der Arbeitsreduzierung verbundenen Gehaltseinbußen werden zu 60% bzw. zu 67% (sofern der Arbeitnehmer mindestens 1 Kind hat) des ausgefallenen Nettolohns durch das Kurzarbeitergeld abgedeckt. Der Arbeitgeber zahlt das Kurzarbeitergeld mit dem Entgelt für die geleisteten Stunden aus und erhält von der Bundesagentur für Arbeit in entsprechender Höhe eine Erstattung. 

Einen weiteren relevanten Kostenblock stellen mit 5-10% des Umsatzes die Raumkosten dar. Vorauszahlungen für die Nebenkosten wie Strom, Gas oder Wasser können ggfs. gemindert oder gar ausgesetzt werden. Auch Mietstundungen sind eine Option zur Verringerung der Fixkosten. Hier ist das offene Gespräch der beste Weg, denn auch Ihr Vermieter kann von der Krise betroffen sein und im Hinblick auf die Zeit nach der Krise ist eine gute und faire Zusammenarbeit weiterhin anzustreben.

Bei den übrigen Betriebsausgaben sind unserer Einschätzung nach Einsparungen bis zu 15 % möglich. Möglicherweise macht es z.B. Sinn, Marketingaufwendungen an den Stellen zu senken, wo es kurzfristig möglich ist und Werbung in der jetzigen Situation ohnehin keinen Effekt erzielt. Wenn Sie von einer Agentur betreut werden, suchen Sie das offene Gespräch und finden Sie gemeinsam Wege, die aktuell anfallenden Kosten möglichst gering zu halten. Online Marketing-Aktivitäten über Google AdWords oder Social Media Anzeigen sind beispielsweise kurzfristig zu stoppen oder zu verschieben.

Weitere Überbrückungsmaßnahmen zur Liquiditätssicherung

Bis hierhin haben wir darüber gesprochen, wie man den Einbruch der Liquidität in der Praxis operativ abmildert. Doch es gibt weitere konkrete Maßnahmen zur Liquiditätssicherung, die nicht erfolgswirksam sind.

Darlehenstilgungen aussetzen – eine kurzfristige Liquiditätssteigerung

Sprechen Sie mit Ihrer Bank und bleiben Sie dran. Zu Beginn der Krise haben sich einige Banken noch etwas schwer getan in Bezug auf Tilgungsaussetzungen. Mittlerweile hat sich dies jedoch reguliert. Für Verbraucherdarlehen hat der Deutsche Bundestag am 25.März 2020 beschlossen, dass bei vor dem 15.März 2020 abgeschlossenen Verbraucherdarlehensverträgen Zins- und Tilgungsleistungen für den Zeitraum 1.April 2020 bis 30. Juni 2020 ausgesetzt werden können.

Nichtsdestotrotz bleibt zu bedenken, dass es sich hierbei zwar um eine schnellwirkende, aber auch kurzfristig zu betrachtende Maßnahme für Wochen oder wenige Monate handelt. Durch die Tilgungsaussetzung erhöhen sich in der Regel die Schlusszahlungen der Darlehen, die Laufzeiten bleiben jedoch davon unberührt. Die fälligen Zinsen sind weiterhin zu entrichten. Die Tilgung sollte also so bald wie möglich wieder aufgenommen werden.

Steuerzahlungen stunden & herabgesetzte Vorauszahlungen nutzen

Eine Reaktion auf die aktuelle Situation gab es auch seitens der Finanzämter. Diese bieten zurzeit die Möglichkeit, fällige Steuerzahlungen zinslos zu stunden. Zusätzlich wurden die Vorauszahlungen für Einkommens- und Körperschaftssteuer herabgesetzt. Auf Vollstreckungsmaßnahmen und Säumniszuschläge wird angesichts der Situation auch verzichtet.

Anpassung bzw. Stundung der Beiträge für das Versorgungswerk

Auch die Beiträge an die Versorgungswerke können im Rahmen der Corona-Krise angepasst, bzw. gestundet werden. Die genauen Regelungen sind von Versorgungswerk zu Versorgungswerk verschieden. Hier hilft es, das Gespräch mit dem jeweiligen Versorgungswerk zu suchen und gemeinsam eine Lösung abzustimmen. Wir haben hier erste Rückmeldungen erhalten die zeigen, dass beispielsweise in Hessen ein formloser Antrag per Post oder Fax mit der Bitte um Stundung der Beiträge oder der Formulierung des Wunsches zur Zahlung des Mindestbeitrags ausreichend sind. In Baden-Württemberg ist ein Online-Antrag zu stellen.

In Nordrhein-Westfalen und Bayern sieht es wieder ganz anders aus. Hier sind eine Gewinnprognose für 2020, also ein Nachweis über einen schlechteren Jahresverlauf, z.B. durch die BWA, zu erbringen.

Aufnahme kurzfristiger Darlehen zum Ausgleich der aktuellen Liquiditätslücke

Sollten all diese Maßnahmen nicht ausreichen, bleibt zuletzt natürlich die Liquiditätssteigerung durch die Aufnahme eines kurzfristigen Darlehens. Wenn ein neues Darlehen aufzunehmen ist, dann sollten Sie die zur Verfügung stehenden Darlehensmöglichkeiten nach ihren Kosten und ihrer Flexibilität bewerten.

Besonders zu berücksichtigen ist aktuell das Angebot der Bundesregierung und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, der sogenannte KFW Schnellkredit. Der Kredit wird zu 100% durch eine Garantie des Bundes abgesichert. Die Beantragung verläuft über die Hausbank. Die Voraussetzungen für die Beantragung wurden noch einmal aufgeweicht. So können ihn nun auch Unternehmen erhalten, die erst 2019 Gewinne erzielt haben. Der Kredit richtet sich an Unternehmen mit mindestens 10 Mitarbeitern und der maximale Kreditbetrag beläuft sich auf bis zu 25% des Jahresumsatzes 2019.

Mögliche Maßnahmen sind differenziert zu betrachten

Erfreulicherweise stehen Praxen in diesen herausfordernden Zeiten verschiedene Maßnahmen zur Verfügung, um auf die Umsatzeinbrüche und die dadurch entstehende Liquiditätslücke zu reagieren. Wichtig ist jedoch, dass es kein Muss ist, diese Maßnahmen zu ergreifen und schon gar nicht vollumfänglich alle. Zahnärzte und Zahnärztinnen sollten individuell für sich prüfen, welche Maßnahmen in ihrer spezifischen Situation anzuwenden sind und Abhilfe bringen können.