PIA - Krankenstand in Zahnarztpraxen in Zeiten der Coronavirus-Pandemie
15.09.2020 10:22 Uhr | Coronavirus-Pandemie
In der letzten Auswertung des Personalindexes der Arbeitsbelastung in Zeiten der Coronavirus-Pandemie wurde die Auswirkung der Pandemie auf die Arbeitsbelastung in Zahnarztpraxen analysiert. Im Ergebnis konnte nachgewiesen werden, dass Assistenzen und Prophylaxekräfte im März keine volle Auslastung mehr aufweisen konnten und dass auch im April ein Rückgang des Auslastungsgrades zu verzeichnen war. Im Mai nimmt die Auslastung dieser beiden Gruppen wieder zu und bereits im Juni konnte beinahe wieder die Arbeitsbelastung des Vorkrisenniveaus erreicht werden. Bei den Zahnärzten hingegen wurde lediglich ein leichter Rückgang im April verzeichnet, der im Mai jedoch schon wieder anstieg und im Juni das Vorkrisenniveau überschreitet. Hier macht sich ein Nachholeffekt erkennbar, den wir bereits im Rahmen des SLIC beobachten konnten.
In diesem Teil der Personalindex-Reihe untersuchen wir den Einfluss der Coronavirus-Pandemie auf den Krankenstand des Praxisteams.
Auswertung von Daten der Krankmeldungen in der Zahnarztpraxis
Grundlage der Studie sind die Daten aus einem Panel von Zahnarztpraxen. Für die Analyse verwenden wir anonymisierte Daten aus der Personalverwaltung auf täglicher Basis. In Summe beinhaltet der Datensatz ca. eine halbe Millionen Mitarbeitertage und mehr als fünf Millionen Datenpunkte. In unserem Personalindex der Arbeitsbelastung in Zeiten der Coronavirus-Pandemie differenzieren wir zwischen den Gruppen Zahnärzte, Prophylaxekräfte und Assistenzen. Für die Auswertung des Krankenstandes analysieren wir alle in der Personalverwaltung vermerkten Krankmeldungen.
Sinkender Krankenstand bei den Zahnärzten nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie
In unseren Auswertungen konnten wir feststellen, dass der Krankenstand der Zahnärzte und Zahnärztinnen in den Monaten März und April diesen Jahres - trotz laufender Pandemie - im Vergleich zum Vorjahr leicht zurückgegangen ist. Auch in den Folgemonaten blieb der Krankenstand der Zahnärzte und Zahnärztinnen auf einem sehr niedrigen Niveau. Diese Beobachtung überrascht auf den ersten Blick, da natürlich auch Zahnärzte und Zahnärztinnen den Gefahren des Virus und anderer Erkrankungen ausgesetzt sind. Die Herausforderungen der Praxisführung in diesen stürmischen Zeiten wird es vielen Zahnärzten und Zahnärztinnen vermutlich schlichtweg unmöglich gemacht haben, krank daheim zu bleiben.
Signifikant steigender Krankenstand der Prophylaxekräfte nach Ausbruch der Pandemie
Bei den Prophylaxekräften sehen die Ergebnisse etwas anders aus. Nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie wird ein deutlich erhöhter Krankenstand verzeichnet. Laut unseren Auswertungen steigt die Anzahl der eingereichten Krankmeldungen im März sprunghaft auf 8,9% an (Vorjahr 3,4%). Im April hingegen liegt der Krankenstand bereits wieder auf einem normalen Niveau auf Vorjahreshöhe (2,9%). Die starke Abflachung des Krankenstandes von März auf April steht im Einklang mit steigender Inanspruchnahme von Urlaub durch Prophylaxekräfte im Monat April. Diese Korrelation kann mit der Einführung von Kurzarbeit begründet sein, denn eine Voraussetzung für die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist, dass sie als unvermeidbar gilt. Durch das Nehmen von Urlaub kann Kurzarbeit jedoch zeitweise vermieden werden. Darauf werden wir in einem weiteren Artikel näher eingehen. Im Mai kann erneut ein leichter Anstieg des Krankenstandes analysiert werden, während die Krankmeldungen im Juni auf Vorkrisenniveau zurückkehren.
Krankenstand der Assistenzen in der Zahnarztpraxis steigt erheblich
Ähnlich wie auch bei den Prophylaxekräften steigt der Krankenstand der Assistenzen im März signifikant auf über das Dreifache des Vorjahreswertes an. Während der Krankenstand im März 2019 bei 3,0% lag, erreicht er im März 2020 9,9%. Auch in den Monaten April und Mai ist der Krankenstand noch deutlich erhöht und doppelt so hoch wie im Vorjahr. Erst im Juni ist ein leichter Rückgang und eine Annäherung zum Vorjahresniveau zu erkennen.
Krankenstand bewegt sich im März 2020 auf Rekordhoch
Der stark erhöhte Krankenstand der Prophylaxemitarbeiter und der Assistenzen verhält sich im März dieses Jahres sehr auffällig. Eine Analyse der Techniker Krankenkasse zeigt, dass in den letzten Jahren ein Krankenstand von insgesamt ca. 4% in den Gesundheitsberufen dem Durchschnitt entsprachen. Während sich der Krankenstand der Praxismitarbeiter unseres Panels im Vorjahr stets zwischen 3% und 4% bewegte, stieg er für den März 2020 auf das 2,5 bis 3-fache an (9-10%). Dass sich der Krankenstand im März 2020 auf Rekordhoch bewegte, bestätigte auch die Techniker Krankenkasse in einer weiteren Auswertung. Krankschreibungen aufgrund von Erkältungssymptomen spielen hierbei eine übergeordnete Rolle. Tatsächlich diagnostiziert wurde COVID-19 jedoch nur bei einem sehr geringen Anteil und es kann folglich davon ausgegangen werden, dass es sich zum größten Teil um präventive Krankmeldungen handelt.
Gründe für den hohen Krankenstand
Begründet wird der hohe Krankenstand im März und April dadurch, dass es im März erstmalig zu Verschärfungen der Maßnahmen und zu einem umfassenden Kontaktverbot kam. Viele Menschen wurden dadurch besonders vorsichtig und es kam vermehrt zu präventiven Krankschreibungen. Mitarbeiter, die einer Risikogruppe angehören oder Angehörige haben, die diesen Gruppen zuzuordnen sind, blieben aus Angst sich anzustecken vermehrt präventiv daheim.
Mit dem Rückgang des Patientenaufkommens in der Zahnarzpraxis, war der Ausfall der Arbeitskraft weitgehend gut auszugleichen. Die Praxen haben daher verantwortlich gehandelt und das Praxispersonal bereits bei leichten Symptomen vorsorglich zum Arzt geschickt. Die Möglichkeit eine AU per Telefon zu erhalten dürfte dieses Vorgehen zusätzlich begünstigt und erleichtert haben. Zusätzlich wurde in vielen AUs eine deutlich längere Krankheitsdauer ausgewiesen, als vor Ausbruch der Pandemie - oftmals bis zu 14 Tage bei Erkältungssymptomen.
Natürlich darf auch nicht außen vor gelassen werden, dass sich einige Mitarbeiter oder Familienmitglieder tatsächlich mit dem Virus infizierten und die Arbeitskräfte aus diesem Grund lange nicht in die Praxis kommen durften. Eine Analyse der AOK bestätigt, dass in den Gesundheitsberufen und vor allem auch bei zahnmedizinischen Fachangestellten eine hohe Abwesenheit bedingt durch COVID-19 aufzuweisen ist.
Zusammenfassung und Ausblick
Während der Krankenstand der Zahnärzte im März leicht abflacht, ist für den Krankenstand der Prophylaxekräfte und Assistenzen eine signifikante Steigerung auf bis zu dem dreifachen Wert des Vorjahres erkennbar. Nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie im März wurden viele Mitarbeiter besonders vorsichtig und blieben bei leichten Krankheitssymptomen sicherheitshalber zu Hause. Bei den Inhabern und Inhaberinnen galt jedoch, so scheint es, das Motto "selbst und ständig". Sie versuchten offenbar die Praxis weitestgehend am Laufen zu halten und sahen sich zusätzlichen Herausforderungen organisatorischer Art ausgesetzt. Im Juni lag der allgemeine Krankenstand wieder annähernd auf Vorjahresniveau.
Nach der Analyse des Auslastungsgrades und des Krankenstandes in der Zahnarztpraxis in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, werden wir im vorerst leztzen Teil unserer Personalindex-Reihe auf den Urlaubsstand der Praxismitarbeiter in der Pandemie eingehen.