Clever umgehen mit der Budgetierung: So halten Sie Ihren Umsatz hoch
10.05.2023 16:04 Uhr | Finanzen
Budgetierung: Mit welchen Auswirkungen muss ich rechnen?
Vorweg zur Einordnung: Auch wenn die Budgetierung die Praxis finanziell belasten wird, in den Ruin treiben sollte sie keine Praxis, davon sind Christian Brendel und Regina Granz absolut überzeugt. Zum einen kommen aus den GKV-Töpfen im Durchschnitt nur knapp die Hälfte der Umsätze in den Zahnarztpraxen. Zum anderen werden durch das Gesetz zwar die Wachstumsraten der GKV-Zahlungen für Zahnmedizin gedeckelt, sie werden aber nicht sinken. „Das heißt, die Einkünfte aus der GKV werden in den Praxen noch steigen, aber weniger stark, als sie es ohne das Gesetz getan hätten und als es die Praxen in den vergangenen Jahren erlebt haben“, sagt Christian Brendel. Die Deckelung werde vor allem spürbar, weil die Inflation noch immer hoch liegt, die Kosten also weiterhin stark steigen. „Aber eine Insolvenzwelle in der Zahnärzteschaft werden wir sicher nicht sehen“.
Tipp 1: Behandeln – mit finanziellem Verstand
Das Erste, was Sie machen sollten: sich einen Überblick verschaffen, wieviel Ihnen welche Tätigkeit am Behandlungsstuhl bringt. Beschäftigen Sie sich mit den HVM-Regelungen, empfiehlt deshalb Regina Granz. „Das Regelwerk ist schwere Kost, aber da muss man sich reinknien“, sagt die Abrechnungsexpertin und Praxisberaterin. „Viele KZVen bieten Fortbildungen an. Die sollten Sie wahrnehmen, damit Sie Ihre Zahlen im Fokus behalten und nicht ins Blaue hineinbehandeln.“
Tipp 2: GOZ-Faktorsteigerung angemessen nutzen
Bei den GOZ-Rechnungen sieht Regina Granz noch viel Luft nach oben. Etwa 75 Prozent der abgerechneten Leistungen würden nur mit dem 2,3-fachen Faktor geschrieben. Viele Zahnärzt:innen scheuten davor zurück, ihre Honorare höher anzusetzen – zum Beispiel weil die Nachbarpraxis das ja auch nicht tut und sie nicht als raffgierig dastehen wollen. „Es geht aber eben gerade nicht darum, die Patient:innen finanziell auszupressen, sondern darum, die eigene Leistung angemessen zu bewerten und klug zu wirtschaften“, stellt Christian Brendel klar.
Tipp 3: Faktorsteigerung nüchtern kalkulieren
Wer sich bei Faktorsteigerungen unwohl fühlt, dem könnte eine ganz sachliche Kosten-und-Gewinnkalkulation helfen. Denn Ihr Ziel ist es ja, dass Ihre Praxis langfristig Bestand hat und dabei nicht am Existenzminimum wirtschaftet. Wenn aber Budgetierung plus Inflation Ihre Kosten puschen und die Einnahmen deckeln, müssen Sie Ihre Preise und Honorare umso gründlicher kalkulieren – „und dafür ist die GOZ eine sehr gute Grundlage“, betont Christian Brendel. „Denn wenn die Inflation bei sieben bis acht Prozent liegt, kann man entweder um acht Prozent schneller arbeiten. Das wird aber auf Dauer auf die Qualität und die Nerven gehen. Oder man rechnet durch, wie teuer die eigene Leistung sein muss, um kostendeckend und gewinnbringend zu arbeiten – und setzt die entsprechenden GOZ-Faktoren an.“ Die Vereinbarung gemäß §2 Abs 1 und 2 der GOZ kann hier ein hilfreiches Instrument sein, denn durch sie kann „zwischen Zahnarzt und Zahlungspflichtigem […] eine von [der GOZ] abweichende Gebührenhöhe festgelegt werden“. Die lokalen KZVen und Zahnärztekammern sowie die KZBV und die Bundeszahnärztekammer halten hierzu hilfreiche Informationen auf ihren Internetseiten bereit.
Tipp 4: Materialpreise aktuell halten
Übrigens: Für die richtige Kalkulation ist es elementar, dass Sie Ihre Materialpreise im Abrechnungssystem aktuell halten. Bei einer Inflation von derzeit gut sieben Prozent schlagen Fehlkalkulationen schnell ins Kontor, dieses Geld fehlt dann an anderer Stelle.
Tipp 5: Honorare klar und einfach kommunizieren
Sie haben Ihr GOZ-Honorar sauber kalkuliert? Dann dürfen Sie dieses Angebot Ihrem Patienten oder Ihrer Patientin auch selbstbewusst und ohne Zweifel vermitteln. „Wenn Sie als Behandler:in sagen: Dies ist der Plan, den ich für Sie medizinisch für gut und richtig erachte, und das ist mein Preis dafür, und das ist es wert, dann hat der Patient ein klares Angebot und kann für sich entscheiden, ob er es annimmt oder nicht“, sagt Regina Granz. „Wichtig ist, dass die Patient:innen erkennen, dass das Angebot für sie Sinn macht.“ Je klarer die Kommunikation, desto eher wird man dieses Ergebnis erzielen, denn: „Ihre Patient:innen spüren dann, dass Ihr Angebot authentisch ist“, sagt Christian Brendel.
Tipp 6: Leistungen sauber dokumentieren
Die Leistungsdokumentation ist oft ein ungeliebtes Thema in den Praxen. Sie ist aber nicht nur für die Abrechnung wichtig, sondern auch als Basis für die Honorarkalkulation. „Deshalb ist es an der Zeit, sich tiefergehend damit zu beschäftigen“, rät Regina Granz. „Jede:r Behandler:in sollte eine Vorstellung davon haben: Was kann und will ich abrechnen von dem, was ich für den Patienten gemacht habe? Und jede Praxis sollte ihre Verbesserungspotenziale nutzen und sich fragen: Welche kleinen Behandlungsschritte am Stuhl könnten abgerechnet werden, wenn wir sie dokumentieren?“ Wer digital arbeite, könne zum Beispiel Dokumentationsvorlagen nutzen und sie individuell anpassen.
Tipp 7: Konzeptionell arbeiten
Ganz grundsätzlich gilt: Auf äußere Veränderungen sollten Praxen mit klaren Konzepten reagieren. „Das hat sich auch bei Einführung der PAR-Richtlinie gezeigt“, sagt Regina Granz. „Viele Praxen haben sich aus Zeitgründen kaum damit beschäftigt, während andere die Richtlinie klug für sich genutzt haben“. Dafür setze man sich am besten mit seinem Team zusammen und überlege: Wie möchten wir mit den Änderungen umgehen, welche Möglichkeiten haben wir, welche Behandlungskonzepte können wir entwickeln – und wie kommunizieren wir das gegenüber den Patient:innen. „Das anzustoßen, ist Chefsache“, betont Christian Brendel. „Es gibt Themen, die können auch mal liegen bleiben, aber das Konzept zur Budgetierung sollte wirklich Priorität haben.“
Diese Tipps sind eine Zusammenfassung von Folge 79 unseres solvi-Podcasts Aufgebohrt. Wer mehr zum Thema erfahren will, sollte sich anhören, was Christian Brendel und Regina Granz dort noch alles an Erfahrungen und Empfehlungen zusammentragen. Es lohnt sich!