Befristete Mehrwertsteuersenkung - Was Sie als PraxisinhaberIn beachten müssen
24.06.2020 12:00 Uhr | Finanzen
Der Koalitionsausschuss hat am 3. Juni 2020 die Eckpunkte eines Konjunkturpakets verabschiedet. Die Auswirkungen dieses 130 Milliarden Euro schweren Vorhabens auf Zahnarztpraxen haben wir bereits in einem Artikel am 15. Juni veröffentlicht. Zu den wesentlichen Maßnahmen des Pakets gehört auch die befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze (von 19 % auf 16 % bzw. von 7 % auf 5 %). Diese wird sich im zweiten Halbjahr 2020 direkt auf die Finanzen der Praxen auswirken.
In diesem Artikel zeigen wir daher anhand von Beispielrechnungen auf, wie hoch die resultierende Entlastung für Zahnarztpraxen konkret ausfallen wird. Wir erläutern außerdem, welcher Umsetzungsaufwand für Zahnarztpraxen damit einhergeht.
Auswirkungen der befristeten Senkungen der Mehrwertsteuersätze auf Zahnarztpraxen
Zwar zielt die befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze primär auf die Entlastung privater Haushalte, Zahnarztpraxen profitieren hiervon jedoch auch, da sie in der Regel nicht oder nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die Mehrwertsteuer ist bei Zahnarztpraxen daher ein Kostenpunkt und ihre Absenkung wirkt entsprechend kostensenkend, sofern Lieferanten diese an die Praxen weitergeben.
Welche Kostenarten sind von der Mehrwertsteuersenkung betroffen?
Die Kostenersparnis wirkt sich primär in den Bereichen Materialkosten, Gerätekosten, Fortbildungs- und Werbekosten sowie in den sonstigen Kosten aus.
Keine Nettoersparnis ergibt sich aufgrund des durchlaufenden Charakters bei Fremdlaborleistungen.
Beispielrechnungen: Kostenersparnis durch die Absenkung der Mehrwertsteuer
Material-, Geräte-, Werbe-, Fortbildungs- und sonstige Kosten machen in den meisten Praxen im Schnitt ca. ein Drittel der Kosten aus. Der Anteil der Kosten an den Umsätzen ist im Schnitt ca. 60-75 %, so dass die genannten Kosten zusammen ca. 20 bis 25 % der Umsätze betragen.
Bei einer Praxis mit 400.000 Euro Jahresumsatz ergeben sich folglich potenzielle Kosteneinsparungen durch die für sechs Monate abgesenkten Mehrwertsteuersätze in Höhe von ca. 1.000 bis 1.250 Euro (2% bis 3% Ersparnis auf Kosten die ca. 20-25% der Umsätze von 400.000 Euro ausmachen, jedoch nur für 6 Monate = 2,5% * 20% * 400.000 / 12 * 6 = 1.000 Euro).
Für eine größere Praxis mit beispielsweise 1.200.000 Euro Jahresumsatz ergibt sich folglich eine mögliche Einsparung von ca. 3.000 bis 3.750 Euro.
Diese genannten Zahlen stellen in den Rechenbeispielen jedoch den Maximalfall dar, da sie von einer vollständigen Weitergabe der Steuersenkung durch Lieferanten an die Praxis ausgehen. In der Realität wird dies nicht immer der Fall sein.
Umsatzsteuerpflichtige Praxen müssen die Abrechnung ihrer Leistungen anpassen
Ebenfalls zu berücksichtigen ist die Tatsache, dass immer mehr Zahnarztpraxen bedingt durch ein Eigenlabor oder andere Leistungen teilweise umsatzsteuerpflichtig werden. Für diese Praxen ergibt sich ein etwas kleinerer Kostenvorteil, da die Vorsteuer in diesen zum Teil ein durchlaufender Posten ist. Für eben diese Praxen kommt außerdem der Aufwand für die Anpassung der Mehrwertsteuersätze hinzu.
Zum einen müssen die umsatzsteuerpflichtigen Praxen die betroffenen Leistungen dann im zweiten Halbjahr in ihren Rechnungen mit der niedrigeren Mehrwertsteuer belegen, was Anpassungen an der Abrechnungssoftware erfordert (nach unseren Informationen sind alle relevanten Hersteller bereits in der Umsetzung).
Zum anderen müssen Praxen auch bei der Erfassung der Eingangsrechnungen auf die neuen Steuersätze vorbereitet sein. Auch hier sind Anpassungen an den Erfassungs- und Buchhaltungssystemen notwendig.
Die Lösungen (solvi flow, solvi control und fibu-doc) werden aktuell entsprechend überarbeitet.
Was Sie als Praxisinhaberin oder Inhaber jetzt tun sollten
Auf der Kostenseite kommen Sie ohne weiteres Zutun in der zweiten Jahreshälfte in den Genuss einer leichten Ersparnis. Hier müssen Sie lediglich bei eingehenden Rechnungen darauf achten, dass der Rechnungssteller die korrekten Mehrwertsteuersätze verwendet hat.
Beschäftigen Sie sich aber dennoch frühzeitig mit den Implikationen der Mehrwertsteuersenkung für Ihre Praxis und erstellen Sie gemeinsam mit Ihrem Steuerbüro einen Plan für die Umsetzung eventuell notwendiger Anpassungen. Berücksichtigen Sie vor allem als umsatzsteuerpflichtige Praxis den Zeitaufwand für das Update Ihrer Abrechnungssoftware. Beobachten Sie außerdem die weitere Kommunikation Ihrer Softwarehersteller und des Bundesfinanzministeriums.
Welche Relevanz die weiteren 56 Maßnahmen des Konjunkturpakets für Zahnarztpraxen haben und was Sie als Praxisinhaberin und -inhaber hier beachten sollten, können Sie im Artikel „Was das Konjunkturpaket für Zahnarztpraxen bedeutet“ nachlesen.
Hinweis: Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Wawibox-Magazin. Er dient allgemeinen Informationszwecken und bezieht sich nicht auf die spezielle Situation einer Einzelperson oder Praxis. Sie stellen keine betriebswirtschaftliche, rechtliche oder steuerliche Beratung dar. Im konkreten Einzelfall kann der vorliegende Inhalt keine individuelle Beratung durch fachkundige Personen ersetzen.